Die «Gesamtverkehrskonzeption Schweiz» – Die Geschichte einer kybernetischen Planungsutopie
Lic. phil. Stefan Sandmeier
1972 beauftragte der Bundesrat eine Expertenkommission mit der Ausarbeitung einer Gesamtverkehrskonzeption Schweiz (GVK-CH). Sie sollte aufzeigen, wie das Verkehrssystem der Schweiz weiterentwickelt werden müsste, um die Verkehrsbedürfnisse von Bevölkerung und Wirtschaft weiterhin befriedigen zu können. Technische, ökonomische, ökologische, rechtliche, soziale und politische Aspekte des Verkehrs sollten in einer ganzheitlichen, die verschiedenen Teilbereiche koordinierenden Verkehrspolitik für die nächsten 25 bis 30 Jahre zusammengefasst werden. Durch ihren systemanalytischen Ansatz (Systemabgrenzung, iterative Analyse- und Arbeitsmethodik, Feedbackschlaufen) stellte die Expertenkommission die GVK-CH in den Kontext kybernetischer Planungskonzepte, wie sie seit Mitte der 1960er Jahre vorab in den USA und Grossbritannien entwickelt wurden. Die Kombination ihrer ganzheitlichen Planungsauffassung mit den Steuerungsmechanismen der Kybernetik kann als utopischer Versuch gesehen werden, die schweizerische Verkehrspolitik in eine kybernetische «Regierungsmaschine» überzuführen. Das Hauptziel der Dissertation ist, die Struktur und Methodik der GVK-CH in ihren wissenschaftshistorischen, politischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Kontexten zu betrachten. Besonders jene Aspekte sind herauszuarbeiten, die die GVK-CH als Versuch einer kybernetischen, von technokratischem Denken durchdrungenen Planungsutopie, als «Regierungsmaschine Verkehrspolitik» erscheinen lassen. Neben der Frage nach ihrer epistemologischen Wirkung stellt sich auch die Frage nach der politischen und gesellschaftlichen Relevanz der Planungsutopie GVK-CH. Pdf
Bild 1: Eidgenössische Kommission für die schweizerische Gesamtverkehrsplanung (1977): Gesamtverkehrskonzeption Schweiz (GVK-CH). Schlussbericht über die Arbeiten der Eidgenössische Kommission für die schweizerische Gesamtverkehrsplanung, erstattet zuhanden des Schweizerischen Bundesrates. Bern, 146.
Bild 2: Rotach, Martin, Ringli, Hellmut, Oetterli, Jörg et al. (Hg.) (1971): Landesplanerische Leitbilder der Schweiz. Schlussbericht. Bd. 2: Raumordnungskonzepte für die Zukunft. Zürich: Institut für Orts-, Regional- und Landesplanung an der ETH Zürich (Schriftenreihe zur Orts-, Regional- und Landesplanung, Nr. 10B), 38.